Landschaft: Abstrakt – Figurativ

Johannes Beyerl – Eric Cruikshank – Michael Kenna – Silke Leverkühne – Peter Tollens

26. März22. Mai 2021

Was ist figurativ? Was abstrakt? Die Frage scheint einfach zu beantworten.

Auf einem figurativen Bild stehen illusionistische Figuren und Gegenstände in einer Beziehung zueinander, auf einem abstrakten hingegen geometrische Formen oder auch Farben allein. Der Maler Peter Tollens formuliert,

während in der figurativen kunst ein pinselstrich, eine linie usw. einen arm oder ein feld meint, ist eine linie oder farbe in der konkreten kunst von der unmittelbaren bedeutung befreit und kann aber eine erinnerung an
natur oder irgendetwas das im betrachter schlummert evoizieren.

Der also nur beim Betrachten, nicht beim Machen, offensichtliche Unterschied, verschwimmt im Sehen und Darstellen von Landschaft. Ist das Meer abstrakt oder figurativ? Sind die herbstlichen Blätter, die auf eine Lichtung fallenden Sonnenstrahlen, der einzelne Baum auf einem Hügel, der aufsteigende Nebel abstrakt oder figurativ?

Für die Malerei, aber auch die Fotografie und die Zeichnung bieten Landschaftsdarstellungen eine wunderbare Möglichkeit der Entfaltung. Der Pinsel strebt nach Freiheit und wenn er nur einmal das Vermögen hat, das Gesehene nicht detailgetreu, sondern so wiederzugeben, wie es subjektiv empfunden wurde, kann er sich recht ungehindert von der Verpflichtung zur illusionstischen Darstellung der Figur oder des Gegenstands auf der Leinwand bewegen. Der Fotograf kann seinem Wunsch, dem kurzen Moment Ewigkeit zu geben unschwer erfüllen, der Zeichner die ganze Vielfalt seines Zeichenstifts ausschöpfen, denn es ist ihm nicht vorgegeben, wie er Gräser, Bäume, Hügel und Täler darzustellen hat.

Die Ausstellung «Landschaft: Abstrakt – Figurativ» führt fünf Künstler zusammen, die sich in ihrer Arbeit zwischen Abstraktion und Figuration bewegen. Die Maler Eric Cruikshank, Silke Leverkühne und Peter Tollens, den Bildhauer und Zeichner Johannes Beyerle und den Fotografen Michael Kenna. Jeder der fünf Künstler sieht die Natur auf eigene Weise und greift die ihm wichtigen Elemente heraus. Silke Leverkühne das Expressive: Bäume und Äste, die sich im Blick ineinander verweben oder das sich sich auf Felsen und Wasser spiegelnde stetig wandelnde Licht- und Schattenspiel. Peter Tollens das Ruhende, Lagernde, Flächige: Felder, Steinformationen, den Nebel, die Landschaft als sich im Betrachten zusammenfügende und überlagernde Farbfläche. Michael Kenna sieht in ihr die Schönheit, Verletzlichkeit und Vergänglichgkeit der Welt und macht sie in den schwarz/weiß Fotografien auch an den unscheinbarsten Orten sichtbar. Eric Cruikshank macht Schönheit nicht nur sichtbar, er lässt auch das Glück empfinden, das er beim Anblick der vielfältigen Farben des Himmels empfindet bei Sonnenaufgang oder -untergang, bei Gewitter oder anderen Naturereignissen. Seine Bilder sind eine Apotheose auf das Licht und auf das, was es dem Auge und Empfinden schenkt. Der Zeichner Johannes Beyerle betrachtet Landschaft wie ein Forscher bis in Details hinein. Mit dem Skizzenbuch geht er los und hält sie unzusammenhängend sowohl skizzierend als auch mit Worten beschreibend fest. Im Atelier zeichnet er das Gesehene noch einmal als zusammenhängende Darstellung. Wir zeigen von ihm beide Arten: Skizzenbücher und Einzelblätter. Auch von Peter Tollens werden neben den Bildern Skizzenbücher und Studien ausgestellt sein.

March 26May 22, 2021

What is figurative? What is abstract? It seems the question is easy to answer.

In a figurative work of art, illusionistic figures and objects stand in relation to one another; in an abstract work, on the other hand, geometric shapes or also colours stand alone. The painter Peter Tollens writes,

whereas in figurative art, a brushstroke, a line etc. means an arm or a field, in concrete art, a line or a colour is liberated from immediate meaning and can evoke a memory of nature or something that is lying dormant in the beholder.

The difference that is only obvious when looking at – rather than producing – a work, blurs when seeing or representing a landscape. Is the sea abstract or figurative? Are the autumnal leaves, the rays of sunshine in a clearing, the sole tree on a hill, the rising mist abstract or figurative?

For painting, but also for photography and drawing, landscape offers a marvellous opportunity for evolving. The brush strives towards freedom, and if it only once gets the chance to paint what has been seen not true to detail, but in the way it was subjectively experienced, it can move on the canvas unrestricted by any obligation to represent the figure or object illusionistically. The photographer can without difficulty fulfil his desire to lend eternity to a brief moment, the drawing artist can make use of the whole range of his pen, because nobody prescribes how he should represent grass, trees, hills, and valleys.

The exhibition «Landscape: Abstract – Figurative» brings together five artists who in their work oscillate between abstraction and figuration: the painters Eric Cruikshank, Silke Leverkühne, and Peter Tollens, the sculptor and drawing artist Johannes Beyerle, and the photographer Michael Kenna. Each of these five artists sees nature in his or her own way and emphasises what is important to him/her. For Silke Leverkühne, it is the expressive: trees and branches that interweave in our gaze, or the always changing play of light and shadow reflected on rocks or in the water. For Peter Tollens it is the dormant, resting, plane: fields, rock formations, fog, a landscape as a colour field that is assembled in layers as it is being looked at. Michael Kenna sees in it the beauty, vulnerability and transience of the world, and makes it visible at the most inconspicuous places in his black-and-white photographs. Eric Cruikshank does not just make beauty visible, he also lets us experience the joy that he feels when he sees the numerous colours of the sky at sunrise and sunset, during a thunderstorm, or other natural phenomena. His pictures are an apotheosis of light and what it gives to the eye and one’s emotions. The drawing artist Johannes Beyerle sees the landscape like a scientist: down to the smallest detail. He ventures forth with his sketchbook and captures it with both sketches and words. Back in the studio, he draws what he has seen as a continuous representation. We are showing both kinds of works by him: sketchbooks and individual works. We will also show, in addition to his paintings, sketchbooks and studies by Peter Tollens.